Europäisches Mahnverfahren

Grade in einer globalisierten Welt mit weltweiten Vernetzungen, ergeben sich viele Vorteile aber auch Nachteile: Zölle, Einreisebeschränkungen oder ähnliches.

Allerdings wurde grade auf der europäischen Ebene vieles vereinfacht.

Doch auch wenn es eine Währungsunion, eine Zollunion oder auch die Schaffung des Schengenraumes, gibt es noch zahlreiche Unterschiede in den einzelnen Mitgliedsstaaten der europäischen Union. Dies gilt nicht nur, was weltanschauliche, kulturelle Angelegenheiten angeht, sondern auch vielfach gesetzliche Unterschiede. Auch wenn die EU durch Verordnungen und Richtlinien eine Angleichung der Mitgliedsstaaten teilweise vornimmt, kann und wird dies nicht alle Bereiche betreffen.

Mit dem europäischen Mahnverfahren wurde allerdings ein Instrument geschaffen, welches im Bereich des Mahnverfahrens und des Vollstreckungsrechts zu einer Vereinheitlichung und Vereinfachung führen sollte.

Es ergeben sich viele Geschäftsbeziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU. Unternehmen haben ihren Sitz in einem Land, die Mitarbeiter kommen aus einem anderen Land und der Auftraggeber sitzt wiederum woanders her. Falls nun Forderungen gegen einen Schuldner bestehen, sollte es durch das 2006 eingeführte europäische Mahnverfahren einfacher und effizienter von statten gehen, dass der Gläubiger an sein Geld kommt.

 

Europäisches Mahnverfahren – wann kann dieser Weg beschritten werden? 

 

Bei grenzüberschreitenden Geldforderungen innerhalb der EU, mit der Ausnahme von Dänemark, bietet sich das europäische Mahnverfahren an. Andernfalls kann es aufgrund der unterschiedlichen Rechtslagen in den einzelnen Staaten der EU zu unerwarteten rechtlichen Schwierigkeiten grade in der Vollstreckung kommen.

Es ist daher zwingend erforderlich, dass die Parteien ihren Wohnort oder Sitz bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in unterschiedlichen EU-Staaten haben.

Falls beide Parteien im selben Staat ansässig sind, kann und muss das nationale Mahnverfahren angestrebt werden.

Weiter muss es sich um eine, wie auch im deutschen gerichtlichen Mahnverfahren um eine fällige Geldforderung handeln, welche dem Handels- oder Zivilrecht zugeordnet ist und beziffert ist.

 

Europäisches Mahnverfahren: Ablauf 

 

Zunächst muss ein Antrag beim zuständigen Gericht gestellt werden. Zur Vereinheitlichung existiert ein Standardformular, welches ausgefüllt werden muss (Formzwang).

Um sprachliche Schwierigkeiten zu überwinden, werden vielfach Angaben durch Code-Nummern ersetzt. Nur vereinzelt muss eine Angabe schriftlich erfolgen.

Dem Antrag sollen keine Beweismittel angehangen werden, wie Rechnungen oder ähnliches. Die Antragsbearbeitung soll weitestgehend im automatisierten Verfahren erfolgen.

Zuständig ist jeweils das Gericht des Staates, in welchem sich der Schuldner befindet. Falls der Schuldner Verbraucher ist, ist dies zwingend. Ist der Schuldner kein Verbraucher so können diverse Ausnahmetatbestände zum Tragen kommen:

  • Gericht des Erfüllungsortes/Leistungsortes der vertraglichen Verpflichtung,
  • Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten,
  • Ort des schädigenden Ereignisses,
  • Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien.

Für Deutschland ist das Amtsgericht Berlin-Wedding zuständig (außer bei arbeitsrechtlichen Ansprüchen).

Die Prüfung bei Gericht erfolgt ähnlich wie beim deutschen gerichtlichen Mahnverfahren. Der Antrag wird auf ihre Vollständigkeit und Schlüssigkeit geprüft. Anschließend wird ein europäischer Zahlungsbefehl ausgestellt und dem Antragsgegner übermittelt. Dies soll innerhalb von 30 Tagen geschehen, aufgrund der Überlastung der Justiz dauert dies allerdings mindestens 2 Monate.

Nun hat der Antragsgegner die Möglichkeit innerhalb von 30 Tagen zu reagieren. Er kann die Forderungen begleichen und das Verfahren beenden oder Einspruch einlegen, sodass es zu einem streitigen gerichtlichen Verfahren übergeht nach Antrag des ursprünglichen Antragsstellers. Das Mahngericht gibt den Fall dann an das vom Antragssteller zu benennende Gericht ab.

Falls der Antragsgegner nicht reagiert, wird der Zahlungsbefehl für vollstreckbar erklärt und dem Antragssteller zugestellt, sodass dieser die Zwangsvollstreckung einleiten kann. Die Durchsetzung erfolgt nach den jeweiligen nationalen Vorschriften und wird von allen anderen Mitgliedsstaaten der europäischen Union anerkannt.

Eine Weigerung der nationalen Behörden ist lediglich möglich, wenn der Titel mit einem anderen Urteil in der gleichen Rechtssache unvereinbar ist. Grundsätzlich ist ein Einspruch gegen den vollstreckbaren Zahlungsbefehl nicht möglich. Nur in absoluten Ausnahmefällen kann die Vollstreckung verhindert werden.

 

Europäisches Mahnverfahren: Einlegung eines Einspruchs gegen den vollstreckbaren Zahlungsbefehl

 

Differenzierung des Forderungswertes!

 

Falls die Forderung im europäischen Mahnverfahren unter 5.000 € liegt, wird das möglicherweise streitige gerichtliche Verfahren vereinfacht. Dies soll eine Kostenexplosion durch Reisen oder ähnliches verhindern. Standardisierte Formulare vereinfachen die Verfahrenseinleitung und Erwiderungen der Parteien. Ein Anwaltszwang besteht nicht, sodass diese Schritte auch selbstständig vorgenommen werden können. Weiter soll das Verfahren schriftlich erfolgen und auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden, auch um Reisekosten einzusparen. Nur falls die Beweismittel des schriftlichen Verfahrens nicht ausreichend sind oder auf Antrag einer Partei wird eine mündliche Verhandlung vorgenommen.

Bei Forderungen über 5.000 € ist im gerichtlichen Verfahren der normale Verfahrensablauf vorgesehen, also auch eine mündliche Verhandlung.

 

Europäisches Mahnverfahren: Kosten

 

Die Kosten des europäischen Mahnverfahrens und des möglichen nachfolgenden gerichtlichen Verfahren richten sich nach den jeweiligen Vorschriften des Staates, in welchem das Verfahren durchgeführt wird.

In Deutschland entstehen durch das Einreichen des Antrages schon Kosten, welche sich nach dem Streitwert, also der Forderung richtet.

Weiter können Auslagen, für die Versendung und Übersetzungen von den Unterlagen hinzukommen. Die Kosten werden als Vorschuss vom Antragssteller gezahlt, werden aber im obsiegen vom Antragsgegner getragen.

 

Deutsches Mahnverfahren bei grenzüberschreitenden Schuldverhältnissen

 

Bei Mahnverfahren mit Auslandsbezug ist das europäische Mahnverfahren nicht unbedingt zwingend. Denn auch das „normale“ deutsche Mahnverfahren kann ausreichend sein, falls sich der Schuldner im Ausland befindet. Dies ist bei Ländern möglich, mit welchen Deutschland die Zustellung eines deutschen Mahnbescheides vereinbart hat:

Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern.

Als problematisch kann sich allerdings die Zuständigkeit der deutschen Gerichte erweisen. Denn wenn kein deutsches Gericht nach der internationalen Zuständigkeit zuständig ist, muss bzw. kann das Mahnverfahren des jeweiligen Landes in Anspruch genommen werden, welches die jeweiligen Sprachkenntnisse voraussetzt, aber auch Vorteile bietet, wie etwa, dass die Zustellung und Vollstreckung unproblematisch in diesem Land erfolgen kann.

Falls ein deutsches Mahngericht zuständig ist, kann dort der normal der Antrag für das gerichtliche Mahnverfahren gestellt werden. Die Übersetzung wird automatisch vom Gericht vorgenommen, auch wenn die Kosten dafür vorgeschossen werden müssen.

Weiter muss nach 6  Monaten ohne Reaktion ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden. Das deutsche Gericht prüft die Vollstreckbarkeit des Mahnbescheides und schaltet das zuständige ausländische Gericht ein, welches darüber entscheidet, ob der Vollstreckungstitel auf dessen Staat ausgeweitet wird. Vereinfacht kann auch ein europäischer Vollstreckungstitel beantragt werden, welcher dann in allen europäischen Staaten gilt.

 

Nachteil zum europäischen Mahnverfahren – Längere Dauer, mehr Aufwand und kein direkter europäischer Vollstreckungstitel!

 

Unsere Beratung

 

Gerne beraten wir Sie individuell hinsichtlich des europäischen Mahnverfahrens oder auch bezüglich des grenzüberschreitenden deutschen Mahnverfahrens, welches Verfahren sinnvoller für Ihre Situation wäre, welche Kosten und Risiken auf sie zukommen und welche Erfolgsaussichten bestehen, dass sie an Ihr Geld gelangen.

Wir stellen für Sie den Antrag auf Erlass des Zahlungsbefehls und benachrichtigen Sie über die Entwicklungen und sprechen mit Ihnen die weiteren Schritte ab. Sie können derweil Ihre Kraft und Energie in Ihre Familie oder Unternehmen stecken und müssen sich keine Gedanken über Ihre Forderung machen.

 

 

Verfasser des Beitrages: Herr Emanuel Pusch
Kanzlei Swist – Rechtsanwalt Düsseldorf
Ihr Recht in unseren treuen Händen 

 

 

 

 

Europäisches Mahnverfahren

 

 

Rufen Sie uns an! Tel.: 0211 – 8759 8067

 

 

 

 

 

 

Europäisches Mahnverfahren – Eine Erleichterung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
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