Verbüßung einer Strafhaft – Grund einer fristlosen Kündigung?
Anders gefragt, ist die Arbeitsverhinderung wegen Strafhaft bzw. Verbüßung einer Haft Grund für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Begeht ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit eine strafbare Tat oder wird ihm eine solche vorgeworfen, so kann ihm die Verbüßung einer Strafhaft drohen. Der Betroffene sieht sich zunächst den strafrechtlichen Konsequenzen ausgesetzt und wird sein Augenmerk hauptsächlich auf die strafrechtliche Verteidigung richten.
Ist diese Verteidigung aber nicht erfolgsversprechen und muss er eine Strafhaft antreten, so hat es auch arbeitsrechtliche Auswirkungen. Der Arbeitnehmer kann seiner vertraglichen Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung nicht nachkommen.
Dem Arbeitgeber stellt sich dann die Frage, wie er auf die Arbeitsverhinderung reagieren kann. Hier sind sehr vielfältige Interessen zu berücksichtigen.
Diese wollen wir an einem Beispielsfall verdeutlichen. Der Fall ist fiktiv und hat keine konkreten Bezüge zu einem tatsächlichen Fall.
Typischer Sachverhalt: Verbüßung einer Haft
Der Krankenpfleger X hat in seiner Freizeit eine Vergewaltigung und sexuelle Nötigung begangen. Er war bislang für ein Krankenhaus Y tätig, in welchem er seit über 25 Jahren arbeitete. Der Fall wird in der Presse bekannt, so dass auch das Krankenhaus Y immer wieder in der Presse genannt wird. Reporter stellen offenen die Frage, wie die Arbeitgeberin den Krankenpfleger X weiter beschäftigen könne.
Die Arbeitgeberin, das Krankenhaus Y, entschließt sich mit dem Bekanntwerden des Urteils, den Krankenpfleger fristlos zu kündigen.
Der Krankenpfleger sieht die fristlose Kündigung als rechtswidrig an, weil er seinen Arbeitspflichten stets gewissenhaft nachgekommen ist, er mithin in seinem beruflichen Umfeld sehr geschätzt wird und sich gegenüber der Arbeitgeberin immer loyal verhielt. Nunmehr stellt sich der Arbeitnehmer X die Frage, ob er gegen die Kündigung juristische Schritte unternehmen sollte und wie seine Chancen vor dem Arbeitsgericht aussehen.
Rechtliche Konsequenzen: Verbüßung einer Haft
Zunächst ist festzustellen, dass er sich bei einer Kündigung wegen Verbüßung einer Strafhaft nicht um eine verhaltensbedingte Kündigung handelt. Der Arbeitnehmer hat keinen Fehler begangen, den er durch rechtsmäßiges vertragskonformes Verhalten vorbeugen kann. Es bedarf daher keiner Abmahnung mit dem Inhalt, der Arbeitnehmer solle sein strafbares Verhalten künftig unterlassen oder strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung treten.
Der Arbeitnehmer ist ortsabwesend. Er ist außer Stande, seiner Arbeitspflicht zu genügen. Mithin handelt es sich juristisch gesehen um einen Kündigungsgrund, der in seiner Person zu suchen ist. Man spricht von einem personenbedingten Kündigungsgrund.
Sodann sind Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen erheblich. Es kommt bei der Frage der Kündigung auf eine Interessenabwägung an, im Besonderen ob dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist.
Es können viele Einzelumstände bedeutsam werden. Beispielsweise ist die Dauer der Ortsabwesenheit, die Frage, ob dem Arbeitnehmer der Freigängerstatus zuerkannt wird, und die Möglichkeit, den Arbeitnehmer durch andere kurzfristig zu ersetzen.
Der Arbeitgeber kann vorbringen, dass die Arbeitsabläufe dermaßen gestört sind, dass ihm die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Es kann ihn durchaus belasten, einen Arbeitsplatz dauerhaft freizuhalten. Bei sehr qualifiziertem Personal ist es nach diesseitiger Auffassung sogar unmöglich, dauerhaft einen Arbeitsplatz nicht zu besetzen.
Wie im vorliegenden Fall kann der Arbeitgeber unter Umständen unter einem hohen Ansehensverlust leiden. Viele Unternehmen werden nur dann erfolgreich betrieben, wenn ihre Reputation unbeschadet ist. Gerade bei einem Krankenhaus ist das Vertrauen des Publikums von äußerster Wichtigkeit. Es wird ihm eher nicht zuzumuten sein, dauernd in der Presse wegen der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses angegriffen zu werden. Hier wird regelmäßig ein Rückschluss von der Tat des Arbeitnehmers auf das Unternehmen erfolgen.
Schlussendlich ist immer eine umfassende Interessenabwägung durchzuführen, die Aufschluss gibt, inwieweit der Arbeitgeber die Arbeitsverhinderung hinzunehmen muss. Dabei zeigt sich in der Rechtsprechung immer deutlicher, dass schon ein Zeitraum von drei Monaten bis zwei Jahre für eine fristlose Kündigung ausreichen kann.
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