Benachteiligung wegen der Religion – Entschädigung

Eine Vielzahl von Arbeitsplätzen wird durch die Kirchen und kirchliche Einrichtungen vergeben. Man muss nur an Krankenhäuser, Kindergärten und Hilfseinrichtungen denken. Dort wird ein sehr vielfältiges Personal benötigt, von Ärzten, Erziehern, IT-Fachleuten, Personalern, Organisatoren, …..

Es ist im Interesse der Kirchen, diese Positionen mit Personen zu besetzen, die über die maßgebliche Konfession verfügen.

Aber ist es wirklich erforderlich, dass der Arzt eines katholischen Krankenhauses katholisch ist? Ist es wirklich nötig, dass der Personaler eines evangelischen Krankenhauses auch evangelisch ist?

Über viele Jahrzehnte hinweg galt in Deutschland der Grundsatz, dass Kirchen kraft ihrer Selbstverwaltung berechtigt waren, nur die Bewerber auf eine Stellenausschreibung zu berücksichtigen, die Mitglieder der Religionsgemeinschaft waren.

Diese Grundsätze werden nunmehr aufgeweicht. Das Bundesarbeitsgericht musste sich in seiner Entscheidung vom 25.10.2018 – 8 AZR 501/14 mit dieser Fallkonstellation beschäftigen.

 

Sachverhalt

 

Die Parteien stritten über die Zahlung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung wegen der Religion.

Beklagt war ist ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er schrieb am 25. November 2012 eine auf zwei Jahre befristete Stelle eines Referenten/einer Referentin (60 %) aus. Gegenstand der Tätigkeit sollten schwerpunktmäßig die Erarbeitung des Parallelberichts zum deutschen Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention durch Deutschland sowie Stellungnahmen und Fachbeiträge und die projektbezogene Vertretung der Diakonie Deutschland gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und Menschrechtsorganisationen sowie die Mitarbeit in Gremien sein. Der Parallelbericht sollte in Beratung mit Menschenrechtsorganisationen und weiteren Interessenträgern erstellt werden. In der Stellenausschreibung heißt es ferner: „Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus. Bitte geben Sie Ihre Konfession im Lebenslauf an.“

Die konfessionslose Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 29. November 2012 auf die Stelle. Sie wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

Das Werk der Evangelischen Kirche besetzte die Stelle mit einem evangelischen Bewerber.

Die Bewerberin verlangte mit ihrer Klage die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. mindestens 9.788,65 Euro. Sie ist der Ansicht, dass das Werk der Evangelischen Kirche sie entgegen den Vorgaben des AGG wegen der Religion benachteiligt habe. Sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht erhalten.

Der Beklagte hat eine Benachteiligung der Klägerin wegen der Religion in Abrede gestellt; jedenfalls sei die Benachteiligung nach § 9 Abs. 1 AGG* gerechtfertigt.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 3.915,46 Euro zu zahlen.

 

Entscheidung des Bundesarbeitsgericht

 

Das Bundesarbeitsgericht bejahte die Benachteiligung wegen der Religion.

Diese Benachteiligung war nicht nach § 9 Abs. 1 AGG ausnahmsweise gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung der Benachteiligung nach § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG scheidet aus. § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG ist einer unionsrechtskonformen Auslegung im Einklang mit Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG** nicht zugänglich und muss deshalb unangewendet bleiben.

Die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG liegen nicht vor. Nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG – in unionsrechtskonformer Auslegung – ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nur zulässig, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt.

Vorliegend bestehen erhebliche Zweifel an der Wesentlichkeit der beruflichen Anforderung. Jedenfalls ist die berufliche Anforderung nicht gerechtfertigt, weil im konkreten Fall keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr bestand, dass das Ethos des Beklagten beeinträchtigt würde. Dies folgt im Wesentlichen aus dem Umstand, dass der jeweilige Stelleninhaber/die jeweilige Stelleninhaberin – wie auch aus der Stellenausschreibung ersichtlich – in einen internen Meinungsbildungsprozess beim Beklagten eingebunden war und deshalb in Fragen, die das Ethos des Beklagten betrafen, nicht unabhängig handeln konnte. Der Höhe nach war die Entschädigung auf zwei Bruttomonatsverdienste festzusetzen.

 

Fazit:

 

Wie dieser Entscheidung zu entnehmen ist, kann eine Position in einer kirchlichen Einrichtung durchaus eine bestimmte Konfession beim Stellenbewerber voraussetzen. Dies setzt aber voraus, dass die Position sich auf das Ethos der kirchlichen Einrichtung auswirkt.

 

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Quelle zum Fall „Benachteiligung wegen Religion“ ist die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.10.2018, Az.: 53/18, die Sie unter dem nachfolgenden Link finden:

 

https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2018-10&nr=21271&pos=0&anz=7&titel=Benachteiligung_wegen_der_Religion_-_Entsch%E4digung

 

Benachteiligung wegen der Religion

 

 

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Benachteiligung wegen der Religion – Entschädigung
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