Anspruch auf Mindestlohn, wenn das Praktikum unterbrochen worden ist
Mindestlohn im Praktikum
Arbeitnehmern steht nach dem Mindestlohngesetz ein Anspruch auf Mindestlohn zu. Dies gilt in der Regel auf für Praktikanten und Volontäre. Das soll die Gruppe derjenigen, die eigentlich reguläre Arbeitsleistung erbringen vor dem Ausnutzen ihrer schwächeren Stellung durch den Arbeitgeber schützen, indem dieser das Arbeitsverhältnis als Praktikum bezeichnet und so versucht sich der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohnes zu entziehen.
Praktika ohne die Pflicht zur Mindestlohnzahlung
Bei bestimmten Praktika sieht das Mindestlohngesetz Ausnahmen vor. So haben Praktikanten keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es eine Dauer von drei Monaten nicht übersteigt.
Dabei ging das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 3.11.2019, Aktenzeichen 5 AZR 556/17 davon aus, dass Praktika aus Gründen in der Person des Praktikanten oder der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen oder um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden können, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.
Sachverhalt zum Mindestlohn im Praktikum
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Praktikantin vereinbarte mit der Betreiberin einer Reitanlage ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin.
Das Praktikum begann am 6. Oktober 2015. Die Praktikantin putzte und sattelte die Pferde, stellte sie auf ein Laufband, brachte sie zur Weide und holte sie wieder ab, fütterte sie und half bei der Stallarbeit. In der Zeit vom 3. bis 6. November 2015 war die Praktikantin arbeitsunfähig krank. Ab dem 20. Dezember 2015 trat sie in Absprache mit der Betreiberin der Reitanlage über die Weihnachtsfeiertage einen Familienurlaub an. Während des Urlaubs verständigten sich die Parteien darauf, dass die Praktikantin erst am 12. Januar 2016 in das Praktikum zurückkehrt, um in der Zwischenzeit auf anderen Pferdehöfen „Schnuppertage“ verbringen zu können.
Das Praktikum bei der Betreiberin der Reitanlage endete am 25. Januar 2016. Sie zahlte der Praktikantin während des Praktikums keine Vergütung.
Die Praktikantin hat von der Betreiberin der Reitanlage für die Zeit ihres Praktikums Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in einer Gesamthöhe von 5.491,00 Euro brutto gefordert. Sie hat vorgetragen, die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten sei überschritten. Daher sei ihre Tätigkeit mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zu vergüten.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Mindestlohnanspruch während des Praktikums
Das Bundesarbeitsgericht hat den Zahlungsanspruch der Praktikantin abgewiesen.
Ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn besteht nicht, weil das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten hat.
Unterbrechungen des Praktikums innerhalb dieses Rahmens sind möglich, wenn der Praktikant oder die Praktikantin hierfür persönliche Gründe hat und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhängen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Das Praktikum wurde wegen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie auf eigenen Wunsch der Klägerin für nur wenige Tage unterbrochen und im Anschluss an die Unterbrechungen jeweils unverändert fortgesetzt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf angemessene Vergütung nach dem Berufsbildungsgesetz hatte aus prozessualen Gründen keinen Erfolg.
Kanzlei Swist – Rechtsanwalt Arbeitsrecht Düsseldorf
Ihr Recht in unseren treuen Händen
Quelle zum Fall „Mindestlohn im Praktikum“ ist die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.01.2019, Az.: 5/19, die Sie unter dem nachfolgenden Link finden: