Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen – 
Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts?

Frauen und Männer erledigen die gleiche Arbeit in demselben Unternehmen und erhalten eine unterschiedliche Vergütung.

Das ist eine Situation, die sehr häufig zu beklagen war und noch immer auftritt.

Dem wollte der Gesetzgeber durch die Einführung des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern, kurz Entgelttransparenzgesetzes, entgegen wirken.

Frauen erhielten zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Zahlung der Differenz einen Auskunftsanspruch auf Mitteilung der Vergütung eines Vergleichsmitarbeiters sowie einen Zahlungsanspruch.

Wie bei jedem anderen Gesetz auch, zeigt sich bei der Anwendung dieses Gesetzes, dass Unklarheiten bei der Anwendung des Gesetzes entstehen.

In diesem Fall stellte sich die Frage, ob weitere Hinweise auf die diskriminierende Wirkung nachgewiesen werden müssen, wenn die unterschiedliche Vergütung von Frauen und Männern in einem Betrieb feststeht. Mit anderen Worten war die Frage zu klären, ob die betroffenen Frauen den diskriminierenden Zusammenhang nachweisen müssten oder dieser gar nicht vorausgesetzt wird.

In der Entscheidung vom 21.01.2022, Aktenzeichen: 8 AZR 499/19, setzt sich das Bundesarbeitsgericht mit genau dieser Frage auseinander.

 

Sachverhalt:
Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

 

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Abteilungsleiterin beschäftigt.

 

Auskunft

 

Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskunft nach §§ 10 ff. EntgTranspG, aus der ua. das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter hervorgeht. Angegeben wurde dieses entsprechend den Vorgaben von § 11 Abs. 3 EntgTranspG als „auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median“ des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage (Median-Entgelte). Das Vergleichsentgelt liegt sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Klägerin.

 

Zahlungsanspruch

 

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte für die Monate August 2018 bis Januar 2019 in Anspruch genommen.

 

Benachteiligung wegen Geschlechts

 

Es stellte sich das Problem, dass keine ausreichenden Indizien iSv. § 22 AGG vorlagen, die die Vermutung begründeten, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren habe.

 

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:
Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts fiel zugunsten der Klägerin aus.

Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson.

Nach den Vorgaben des EntgTranspG liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält.

 

Unmittelbare Benachteiligung

 

Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson gezahlte.

 

Widerlegbare Vermutung 

 

Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat.

 

Weitere Ermittlungen

 

Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung den Vorgaben von § 22 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.

 

Fazit:
Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

 

Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit (Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG), begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichsperson, regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist.

 

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Quelle zum Fall „Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts“ ist die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.01.2021, Az.: 1/21. Die Entscheidung finden Sie unter dem Link: 

 

https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/entgeltgleichheitsklage-auskunft-ueber-das-vergleichsentgelt-vermutung-der-benachteiligung-wegen-des-geschlechts/

 

 

Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

 

 

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Entgeltgleichheitsklage – Auskunft über das Vergleichsentgelt – Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts
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