Auswirkungen der Insolvenz auf das Arbeitsverhältnis

Das Arbeitsverhältnis

 

Das Arbeitsverhältnis besteht trotz Eröffnung der Insolvenz fort und wird nicht einfach durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet.

Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist allerdings weiterhin durch Kündigung durch den Arbeitnehmer oder durch den Insolvenzverwalter möglich.

 

Kündigung des Arbeitsverhältnisses

 

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann nur noch vom Insolvenzverwalter vorgenommen werden, jedoch nicht mehr durch den Arbeitgeber.

Kündigungsbeschränkungen durch das Kündigungsschutzgesetz und Kündigungsverbote, wie etwa bei Schwangerschaft, finden weiterhin Beachtung. Allerdings trifft die Insolvenzordnung einige Besonderheiten:

 

Sonderregeln

 

Ordentliche Kündigungsfristen werden im Insolvenzverfahren auf 3 Monate verkürzt, sofern andernfalls eine längere Kündigungsfrist gelten würde.

Unkündbarkeitsklauseln, egal ob privatrechtlich oder tarifvertraglich geregelt, werden unwirksam. Es gilt ebenfalls die vorerwähnte 3-monatige Kündigungsfrist.

Diese verkürzte Kündigungsfrist gilt für beide Parteien, also sowohl für den Insolvenzverwalter als auch für den Arbeitnehmer.

Weitere Kündigungserleichterungen sind bei einer Betriebsänderung vorgesehen.

 

Verfrühungsschaden

 

Bei Anwendung der verkürzten Kündigungsfrist von 3 Monaten steht dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch zu, wenn die Kündigungsfrist ohne die Sonderregelung im Insolvenzverfahren länger als 3 Monate bemessen wäre.

Der Anspruch besteht nur bei einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter und nicht bei Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer. Der Anspruch gilt als Insolvenzforderung.

Es wird ein Schaden in der Vergütung für den Zeitraum gesehen zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses, aufgrund der 3-monatigen Sonderkündigungsfrist, und dem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis regulär, ohne das Insolvenzverfahren, beendet worden wäre. Bei unkündbaren Mitarbeitern wird auf die längste tarifvertragliche oder längste gesetzliche Frist abgestellt.

Für den Schadensumfang werden die ersparten Steuern und Versicherungsbeiträge abgezogen, sowie anderweitige Verdienste oder Arbeitslosengeld berücksichtigt.

 

Außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer

 

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers stellt keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.

Als wichtiger Grund kommen aber Lohnrückstände in Betracht. Der Lohnrückstand muss eine erhebliche Höhe erreicht haben oder der Verzug mit der Lohnzahlung erstreckt sich schon über einen längeren Zeitraum. Dann kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristlos  kündigen.

Die mögliche künftige Gewährung von Insolvenzgeld lässt den wichtigen Grund nicht entfallen, denn die Pflichtverletzung bleibt bestehen.

Der Arbeitnehmer muss vor Ausspruch der Kündigung wegen Lohnrückstandes den Arbeitgeber zur Zahlung des Rückstandes aufgefordert, also abgemahnt haben.

 

Wichtig!

 

Der Zeitpunkt der Kündigung sollte vom Arbeitnehmer wohl durchdacht sein. Eine verspätete Kündigung lässt eine Sicherung von Lohnforderungen durch das Insolvenzgeld ungesichert. Anderseits sollte sich der Arbeitnehmer absichern, dass das Arbeitsamt keine Sperrfrist wegen einer Eigenkündigung verhängt.

 

Auswirkungen der Insolvenz auf Betriebsvereinbarungen

 

Durch die Insolvenz wird die Wirksamkeit von Betriebsvereinbarungen nicht berührt. Betriebsvereinbarungen bleiben bei einer Insolvenz wirksam. Sie können gegebenenfalls gekündigt werden.

Für Betriebsvereinbarungen, die die Insolvenzmasse betreffen, gilt ebenfalls eine 3-monatige Kündigungsfrist, sofern keine kürzere Frist besteht. Ausreichend ist dafür schon eine mittelbar belastende Vereinbarung.

Freiwillige Betriebsvereinbarungen entfallen dann ersatzlos. Zwingende Betriebsvereinbarungen laufen weiter, bis sie ersetzt werden.

Eine fristlose Kündigung der Betriebsvereinbarung kommt nur ausnahmsweise unter strengen Anforderungen in Betracht.

 

Auswirkungen der Insolvenz auf Tarifverträge

 

Tarifverträge laufen grundsätzlich normal weiter. Der Insolvenzverwalter tritt in die Stellung des Arbeitgebers ein.

Der Tarifvertrag kann als Dauerschuldverhältnis außerordentlich gekündigt werden.

 

Auswirkungen der Insolvenz auf das Gerichtsverfahren

 
Kündigungsschutzverfahren werden bei Insolvenz des Arbeitgebers unterbrochen.

Insolvenzverbindlichkeiten werden vorrangig zur Insolvenztabelle angemeldet.

Bei Verfahren zu Masseverbindlichkeiten ist die Wiederaufnahme ohne weiteres möglich. Damit ist entscheidend, ob eine Masseverbindlichkeit oder eine Insolvenzverbindlichkeit vorliegt. Entscheidend ist, wann der Zahlungsanspruch entstanden ist, also vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach.

Insolvenzverbindlichkeiten sind bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Alle Gläubiger, die bis zu diesem Zeitpunkt eine Forderung gegen den Schuldner erlangt haben, melden diesen zur Tabelle an. Sofern am Ende des Insolvenzverfahrens eine Insolvenzmasse vorhanden ist, werden die Gläubiger jeweils anteilig ausbezahlt.

Masseverbindlichkeiten entstehen erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im Unterschied zur Insolvenzverbindlichkeit muss die Masseverbindlichkeit nicht zur Tabelle angemeldet werden, sondern kann direkt gegen den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Die Masseverbindlichkeiten werden somit im Ergebnis zu Erst bedient. Erst nachdem alle Masseverbindlichkeiten beglichen wurden, können Insolvenzverbindlichkeiten beglichen werden. 

Auf das Arbeitsverhältnis übertragen bedeutet das, dass alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis, die bereits vor Eröffnung der Insolvenz entstanden sind, zur Tabelle angemeldet werden. Ist beispielsweise der Lohn für die Monate vor der Eröffnung der Insolvenz unbezahlt geblieben si ist die Forderung zur Tabelle anzumelden. Sie wird anteilig aus dem Restvermögen beglichen. Der Arbeitnehmer kann nur auf einen Anteil hoffen. 

Besteht das Unternehmen nach Insolvenzeröffnung fort und arbeitet der Arbeitnehmer für das Unternehmen weiter, so ist der Insolvenzverwalter wegen nicht gezahlter Lohne zu verklagen. Da der Insolvenzverwalter für die Forderung haftet, wird er sie vorrangig regulieren. 

 

Auswirkungen der Insolvenz auf den Urlaubsabgeltungsanspruch

 

Kann der Arbeitnehmer den entstandenen Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen, so entsteht zu seinen Gunsten ein Urlaubsentgeltanspruch. 

Eine Regelung, ob es sich bei bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch um eine Insolvenzverbindlichkeit oder eine Masseverbindlichkeit handelt, gibt es nicht.

Für die Beurteilung muss auf den allgemeinen Grundsatz zurückgegriffen werden.

Die Urlaubsabgeltung ist eine Masseverbindlichkeit, sofern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Andernfalls handelt es sich um eine Insolvenzverbindlichkeit, die zur Tabelle angemeldet werden muss.

 

Auswirkungen der Insolvenz auf den Abfindungsanspruch

 

Beim Abfindungsanspruch muss differenziert werden.

Bei einem Abfindungsvergleich mit dem Insolvenzverwalter handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit.

Anders ist dies  bei einem Abfindungsvergleich mit dem ursprünglichen Arbeitgeber. Es handelt sich um eine Insolvenzverbindlichkeit sogar dann, wenn das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wird.

Bei einem Abfindungsanspruch aufgrund eines Tarifvertrages oder einer anderweitigen Regelung mit dem Schuldner, handelt es sich ebenfalls um eine Insolvenzforderung, auch dann wenn die Kündigung vom Insolvenzverwalter erfolgt ist.

 

Stichtags- oder anlassbezogene Sonderzuwendungen

 

Entscheidend ist der Stichtag, ob dieser vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällt. Danach bemisst es sich, ob es sich um eine Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit handelt.

 

Verfasser: Emanuel Pusch
Kanzlei Swist – Rechtsanwalt Arbeitsrecht Düsseldorf
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