Sperrung eines Social-Media-Accounts bei Twitter
Sachverhalt: Sperrung eines Social-Media-Accounts
Ein Nutzer mit über 38.000 Followern klagte gegen Twitter (die Beklagte), weil sein Account im April 2020 dauerhaft gesperrt wurde. Twitter begründete dies pauschal mit „mehreren bzw. wiederholten Verstößen gegen die Plattform-Manipulationsregeln“, ohne konkrete Details zu nennen.
Entscheidung des Gerichts: Sperrung eines Social-Media-Accounts
Das Gericht gab dem Kläger in allen Punkten Recht:
- Entsperrung des Accounts angeordnet.
- Unterlassungsanspruch zugesprochen: Twitter darf künftig nicht sperren, ohne konkret mitzuteilen, welcher Verstoß vorliegt.
- Vorgerichtliche Anwaltskosten (213,21 €) zugesprochen.
Zentrale rechtliche Bewertung:
1. Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG):
- Twitter hat als weltweit genutztes Medium mit 199 Millionen täglich aktiven Nutzern eine sehr hohe Bedeutung für öffentliche Kommunikation.
- Die dauerhafte Sperrung schloss den Kläger aus dem öffentlichen Diskurs aus.
- Grundrecht auf Meinungsfreiheit entfaltet mittelbare Drittwirkung auch gegenüber privaten Plattformen.
2. Virtuelles Hausrecht vs. Grundrechte:
- Twitter hat zwar ein „virtuelles Hausrecht“ (§§ 903, 1004 BGB).
- Dieses wird aber begrenzt durch die Meinungsfreiheit des Nutzers.
- Beide Grundrechtspositionen sind nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz abzuwägen.
3. Darlegungslast:
- Twitter trifft eine sekundäre Darlegungslast für die behaupteten Verstöße.
- Pauschale Vorwürfe ohne konkrete Angaben reichen nicht aus.
- Twitter konnte/wollte keine konkreten Beispiele für Verstöße nennen.
- Begründung: „interne Gründe“ wurde als unzureichend zurückgewiesen.
4. Verhältnismäßigkeit:
- Twitter verhängte sofort eine permanente Sperre (schärfstes Mittel).
- Kein milderes Mittel (z.B. 30-Tage-Sperre) wurde geprüft.
- Ohne konkreten Nachweis schwerer Verstöße ist dauerhafte Sperrung unverhältnismäßig.
Kernaussagen:
Große Social-Media-Plattformen dürfen Nutzer nicht ohne konkrete Begründung dauerhaft sperren.
Die Meinungsfreiheit wirkt auch im Verhältnis zwischen Privatpersonen (mittelbare Drittwirkung).
Je größer die Bedeutung einer Plattform für den öffentlichen Diskurs, desto höhere Anforderungen an Sperrungen.
Pauschale Verweise auf AGB-Verstöße ohne Details sind unzureichend.
Fazit: Sperrung eines Social-Media-Accounts
Das Urteil stärkt die Rechte von Social-Media-Nutzern gegenüber Plattformbetreibern und verpflichtet diese zu Transparenz und Konkretisierung bei Account-Sperrungen.
106 C 76/21 – Amtsgericht Bonn
Gericht: Amtsgericht Bonn
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 106 C 76/21
ECLI:DE:AGBN:2021:1019.106C76.21.00
Entscheidungsdatum: 19.10.2021
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